Baukartell und vergaberechtliche Selbstreinigung

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Neben PORR und STRABAG droht nun auch Swietelsky eine Geldbuße in zweistelliger Millionenhöhe


Kürzlich gab die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) bekannt, dass sie beim Kartellgericht gegen die Swietelsky AG und zwei Tochterunternehmen eine Geldbuße in Höhe von EUR 27,15 Mio beantragen wird. Im Verfahren gegen STRABAG wird aktuell die Aberkennung des Kronzeugenstatus geprüft. Wettbewerbswidrige Absprachen sind nicht nur kartellrechtlich relevant, auch das Bundesvergabegesetz enthält in § 78 Abs 1 Z 4 einen zwingenden Ausschlussgrund.

„Selbstreinigung“ und „Vergabesperre“
Bei der Prüfung des Ausschlussgrundes ist Vorsicht geboten, denn selbst wenn aus Sicht des Auftraggebers hinreichende Anhaltspunkte für nachteilige oder wettbewerbswidrige Absprachen vorliegen, ist ein automatischer Ausschluss des Unternehmers unzulässig. Dem Unternehmer muss im Rahmen eines kontradiktorischen Verfahrens stets die Möglichkeit eingeräumt werden, seine Zuverlässigkeit darzulegen. Dabei sind vom Unternehmer folgende Selbstreinigungsmaßnahmen kumulativ nachzuweisen:

  • Schadensausgleich;
  • aktive Zusammenarbeit mit den Ermittlungsbehörden;
  • Umsetzung konkreter technischer, organisatorischer, personeller oder sonstiger Maßnahmen, die geeignet sind, das nochmalige Begehen der betreffenden strafbaren Handlungen bzw Verfehlungen zu verhindern.

Können keine hinreichenden Selbstreinigungsmaßnahmen nachgewiesen werden, ist der Unternehmer zwingend vom Vergabeverfahren auszuschließen. Die „Vergabesperre“ dauert bei verbotenen Abreden (wenn nicht bestimmte strafrechtliche Verurteilungen wie zB Betrug oder Bestechung hinzukommen) höchstens drei Jahre ab dem betreffenden Ereignis.

Klarstellung durch BVergG-Novelle?
Insbesondere eine Entscheidung des LVwG Wien (LVwG Wien 27.11.2015, VGW-123/009/4792/2015) bringt Unsicherheit mit sich: Das LVwG hat judiziert, dass personelle Maßnahmen den Kern einer jeden Selbstreinigung bilden. Ohne unverzügliche und vollständige Trennung von den für die Verfehlung verantwortlichen Personen sei eine Selbstreinigung nicht möglich.

Das im Rahmen der Selbstreinigungsmaßnahmen geforderte kooperative Verhalten gegenüber den Ermittlungsbehörden wird bei sofortiger Trennung von den verantwortlichen Personen wohl regelmäßig scheitern. Der vom Gericht angelegte Maßstab wird daher eine Selbstreinigung in den meisten Fällen unmöglich machen.

Es bleibt daher zu hoffen, dass die bevorstehende BVergG-Novelle Klarheit schafft. Bis dahin bleiben Auftraggeber bei der Prüfung von Selbstreinigungsmaßnahmen mit schwierigen Abgrenzungsfragen und dem Risiko konfrontiert, unter Umständen keinen geeigneten Bieter zu finden. Wir unterstützen Sie im Lösungsprozess.